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Mercedes-Benz S 350 Foto: Alexander Migl Lizenz: CC BY-SA 4.0

Mercedes zeigt, dass die deutsche Autoindustrie keine Angst vor der Zukunft haben muss

Deutschlands Autoindustrie hat gute Chancen, auch künftig technologisch führend zu sein.

Das Auto wurde in Deutschland erfunden. Ob Motoren, Kupplungen oder Karosserien: Die Fahrzeuge deutscher Automobilhersteller gehören seit weit über hundert Jahren zum Besten, was die Industrie weltweit den Käufern anbietet. Die Sorge ist groß, dass Deutschlands Fahrzeugbauer diesen Status einbüßen, wenn Autos zunehmend elektrisch und digital sein werden, wenn autonomes Fahren zu einer Standardanwendung wird und der Benzinmotor der Vergangenheit angehört. Ich teile diese Sorge um unsere wichtigste Industrie nicht. Deutschlands Automobilkonzerne und die großen Zulieferer werden den Sprung in die neue automobile Ära schaffen.

Ein gutes Beispiel ist Mercedes: Beim autonomen Fahren, einer der zukünftigen Schlüsseltechnologien im Automobilbereich, hat der Traditionshersteller Tesla hinter sich gelassen. Das US-Unternehmen, das angeblich gerade dabei ist, das Auto vollkommen neu zu erfinden und den etablierten Herstellern zu erklären, wie man heute Autos entwickelt und baut, musste sich in dieser Disziplin Mercedes geschlagen geben. Als erster Hersteller bekam Mercedes für seine S-Klasse eine Zulassung für autonomes Fahren der Stufe drei. Ist der „Drive Pilot“ aktiviert, kann der Fahrer bis zu einer Geschwindigkeit von 60 Stundenkilometern dem Wagen auf der Autobahn das Fahren überlassen und zum Beispiel lesen oder einen Film schauen. Tesla hat, obwohl Unternehmenschef Elon Musk die Fähigkeiten des verbauten „Full Self Driving-Systems“, das auch autonomes Fahren ermöglichen soll, medienwirksam in Szene setzt, eine solche Zulassung nicht und dafür gibt es technische Gründe.

Die Anforderungen an ein autonom fahrendes Auto sind groß, vor allem, wenn es um die Sicherheit geht. Das System von Mercedes setzt neben Kameras auch auf Laserscanner, um die Umgebung wahrzunehmen. Musk hält das für überflüssig und zu teuer. Doch der Ansatz von Mercedes ist richtig: Software kann versagen, ein System ausfallen. Es ist vernünftig, verschiedene voneinander unabhängige Wahrnehmungstechnologien einzusetzen. Jede von ihnen hat ihre Stärken und Schwächen, das optimale Ergebnis erhält man nur, wenn man sie kombiniert.

Die Entscheidung von Mercedes ist zudem zukunftssicher: Die Software der Stuttgarter ist schon heute darauf ausgelegt, die großen Datenmengen der Videokameras und der Laserscanner zu verarbeiten. Sicher, die Laserscannertechnologie ist noch teuer und wird nur in absoluten Premiumprodukten eingesetzt, aber die Preise für solche Systeme werden sinken und Laserscanner irgendwann zum Standard werden, den auch Zulassungsbehörden voraussetzen. Zieht Tesla irgendwann nach, muss das Unternehmen mit den Scannern nicht nur neue Hardware einbauen, sondern auch die entsprechende Software entwickeln.

Elon Musk und Tesla haben früh erkannt, dass sich das Auto der Zukunft über Software definiert. Ich bin mir sicher, dass KI-Modelle in Zukunft bei den Fahrzeugen im Zentrum stehen werden und es in gut zehn Jahren Autos geben wird, die kein Lenkrad mehr haben. Sie werden dann wie Tablets einfach zu bedienende Computer sein. Und auf diesem, für die Zukunft des Autos zentralen Feld der Software, hat sich Mercedes jetzt vor Tesla in die Spitzenposition gebracht.

Das ist nicht nur gut für Mercedes, es ist ein wichtiges Signal für die gesamte deutsche Autoindustrie.