Gemeinsam mit dem Hamburger Tech-Unternehmen Wunder Mobility veröffentlichen wir einen monatlichen Mobility-Policy-Newsletter. Im Fokus stehen alle Fragen rund um das Thema Mobilität, Regulierung und Technologie. Auf unserem Blog veröffentlichen wir nun den nächsten Artikel zur Zukunft des autonomen Fahrens.
Ende Februar verabschiedete das Bundeskabinett eine neue Verordnung zum autonomen Fahren, welche unter anderem das entsprechende Zulassungsverfahren konkretisiert. Dieses ist so detailliert, dass pro Auto ca. vier Behörden unterschiedlicher Ebenen eingebunden werden und verschiedene Schritte erfolgen müssen. Sehen Sie das als den richtigen Ansatz, um Sicherheitsbedenken auszuräumen, oder eher als ein Hindernis?
Die Verordnung ist auf jeden Fall ein Fortschritt. Sie hilft uns, denn wir bekommen damit einen klareren Fahrplan, wie wir die Betriebserlaubnis für unsere autonomen Fahrzeuge beantragen können. Nur so können wir die Erfahrung im Straßenverkehr bekommen, Daten sammeln und die KI-Software trainieren, um die Fahrzeuge besser und sicherer zu machen. Um Sicherheitsbedenken auszuräumen, wird die Sicherheit autonomer Fahrzeuge viel wichtiger sein als die konkreten Zulassungswege.
Viele Deutsche sorgen sich vor möglichen Gefahren des autonomen Fahrens. Sie selbst bezeichnen BeIntelli als „Schaufenster für KI-basierte Mobilität“. Als wie wichtig erachten Sie die Aufklärungsrolle für einen langfristigen Erfolg?
Die Menschen müssen im Ansatz verstehen, wie ein autonomes Auto funktioniert. Das schaffen wir, in dem wir KI und Innovationen in der Mobilität erlebbar machen. Wir wollen zeigen, wie ein autonomes Fahrzeug wahrnimmt, wie Fahrzeug und Strecke miteinander kommunizieren und welche Vorteile autonome Fahrsysteme haben. Ich bin überzeugt, dass Erklärbarkeit und Verständnis die Schlüssel sind, um eine breite Akzeptanz für die Mobilität der Zukunft zu schaffen.
Deshalb bauen wir neben dem BeIntelli Projekt gerade ein neues Zentrum für erlebbare KI und Digitalisierung auf, indem wir die Erklärung neuer KI-Technologien, insbesondere im Mobilitätsbereich, in den Mittelpunkt stellen.
Nicht nur Deutschland, sondern vor allem China und die USA investieren in die Technologie des autonomen Fahrens. Welche Faktoren bewerten Sie als entscheidend um langfristig auch global mithalten zu können und inwiefern können wir mit dem Autonomen-Fahren-Gesetz als Beispiel vorangehen?
Der Rechtsrahmen in Deutschland ist innovationsfreundlich. Das ist gut und wichtig, damit die deutsche Automobilindustrie bei diesem Zukunftsthema nicht den Anschluss verliert. Ich glaube, dass wir aber nur dann aufholen können, wenn wir so viele Anwendungsfelder wie möglich schaffen. Viele autonome Fahrzeuge, die im Regelverkehr fahren, sind der entscheidende Schlüssel, um die Systeme mit Daten zu trainieren und dadurch zu optimieren.
In welchem Bereich werden sich die autonomen Fahrzeuge in Deutschland Ihres Erachtens zuerst etablieren und wie können wir diesen und andere Bereiche noch mehr fördern?
In räumlich abgegrenzten Industriecampus sind die Entwicklungen bereits relativ weit. Die technischen und regulatorischen Anforderungen sind hier niedriger als im Straßenverkehr und die Umsetzung dadurch einfacher. Ich sehe hier viele Startups, die spannende Produkte entwickeln und viele große Unternehmen, die Bedarf haben. Wir können die Skalierungen autonomer Mobilitätsanwendungen durch eine weitere Vernetzung der Ökosysteme stärken, indem wir Startups und große Unternehmen zusammenbringen.
Mit Ihrem Modellprojekt in Berlin errichteten Sie erstmals ein „urbanes Testfeld“, welches entsprechend viele Faktoren berücksichtigt und berücksichtigen muss. Welche Lehren haben Sie aus dem Projekt bisher gezogen?
Ein abschließendes Bild haben wir hier noch nicht, denn wir entwickeln ja noch unsere Software und die Fahrzeuge. Aber wir haben bereits einige Learnings:
Die Vernetzung der Ökosysteme KI und Automobilindustrie müssen wir stärker voranbringen. Hier gibt es – Stand heute – nicht genügend institutionellen Austausch.
Autonome Fahrzeuge sollen am Ende einen gesellschaftlichen Mehrwert bringen. Das funktioniert nur, wenn sie eine breite gesellschaftliche Anwendung finden, weil ihnen vertraut wird. Das erreichen wir nicht, indem wir den Menschen sagen, dass es sicherer ist. Sie müssen erleben können, wie die Technik funktioniert und die Möglichkeit bekommen, sich in einem autonomen Auto sicher zu fühlen. Nur so gelingt es, durch Erlebbarkeit die Vorteile autonomer Mobilität mit Blick auf Sicherheit, wirtschaftlichen Potentialen und Bequemlichkeit aufzuzeigen.
Die Lehren haben uns veranlasst, gemeinsam mit den Spitzen der deutschen Industrie das weltweit erste Zentrum für erlebbare KI und Digitalisierung zu gründen. Hier adressieren wir genau diese Learnings und wollen damit in der Zukunft einen Beitrag zum Innovationsstandort Deutschland schaffen.